Warum die Sidebar nicht mehr zeitgemäß ist

Die Sidebar gibt es schon sehr lange in WordPress. Als Unterbringung für die Widgets war sie immer sehr hilfreich, zeigte im Blog-Kontext die Suche, die neuesten Beiträge, neuesten Kommentare, die damals bliebte Blogroll und jeglichen anderen Content, den man gerne dort, sowie auf jeder Unterseite zeigen wollte. Gerne stellte man sich auch selber in der schicken Seitenspalte vor. Wie viele andere startete auch ich damals mit dem Kubrick-Theme:

Screenshot von dem Kubrick Theme

Seitdem (2005) ist sehr viel passiert, und die Technik sowie das Userverhalten hat sich ständig geändert. Mit der Einführung von Smartphones und dementsprechend browsen auf dem Handy mussten Websites responsive werden. Und hier liegt die Crux mit der Sidebar. Sie musste jetzt irgendwo hin auf dem Handy. Die gängige Methode war und ist es immernoch, die Sidebarinhalte unter dem „Main“-Content zu platzieren.

Das birgt einige Probleme. Das Hauptproblem ist vermutlich, dass wichtiger Content sehr weit aus dem Sichtfeld verschwindet und erst durch endloses Scrollen sichtbar wird. Eine Suche z.B. kann je nach Content wichtiger sein als das Menü, die Vorstellung des Blogautors ist vielleicht superwichtig, um den Inhalt besser einordnen zu können. Bei Nicht-Blog-Seiten kann eine Telefonnummer in der Sidebar für Notrufe auf dem Handy plötzlich im Scroll-Nirvana untergehen.

Es kann auch sein, dass sowohl wichtiger als auch unwichtiger Content in der Sidebar ist, Werbung die gesehen werden soll, wichtige Funktionen wie PDF-Downloads zum Thema etc.

Screenshot von der Website von Nicole Just
Eine Sidebar kann sehr lang werden. Dein wichtiges Buch rutscht eventuell unter den Content mobil

Man braucht also eine Lösung, die es ermöglicht die Sidebar aufzubrechen, und den Content nach Wichtigkeit zu ordnen, damit die Reihenfolge sowohl auf dem Desktop als auch auf dem Handy Sinn ergibt.

Es kamen Shortcodes für Spalten, Custom Post Types für Startseiten, Customizer-Lösungen, um dem Problem gerecht zu werden. Gerade auf der Startseite wollte man ein aufgeräumtes modernes Layout haben, sodass auch mobil alles seine Richtigkeit hat.

Das war vor allen Dingen eins: unpraktisch. Anpassungen konnte meist nur der Profi machen. Wirkliche Änderungen sowieso, und dann war man noch irgendwie eingeschränkt in Layoutmöglichkeiten von sowohl Theme als auch gewählter Lösung.

Die Sidebar wurde „nur“ noch auf Blog/News/Aktuellesseiten angezeigt, denn WordPress hatte sich mittlerweile auch so weiterentwickelt, dass es für Unternehmensseiten jeglicher Art verwendet werden konnte. In einigen Fällen wurden jetzt per Plugin verschiedene Sidebars für verschiedene Seiten angelegt, denn der „normale“ Inhalt passte für z.B. die Unternehmensseiten nicht mehr. Für die Zwecke der Blogseiten war die Sidebar allerdings noch gut. Archive waren im Unternehmensumfeld nicht mehr so wichtig, vorgestellt hat man sich auf anderen Seiten, und für die Downloads gab es eine eigene Seite, die mit einem Plugin arbeitete. Die Sidebar wurde zwar zurück gedrängt, aber noch war sie da!

Die Content-Revolution

Jetzt entstand aber plötzlich das Verlangen „rich content“ zu erstellen. Newscontent wurde zu Recht wichtig für die Unternehmen, die Backlinks und überhaupt Aufmerksamkeit nur durch schick aufgearbeitete Inhalte generieren können. Es sollten Videos, Embeds, und Gallerien her, Pull-Out-Quotes, Infoboxen und Parallax-Scroll-hintergründe. Man musste sich abheben von der Konkurrenz. Es drohte erneut noch mehr Shortcodes oder Plugins die zur Verwendung kamen. Lösungen wie horizontale Widget Areas kamen auf (die kann man natürlich nicht mehr Sidebar nennen).

Was leider zur Lösung kam: Tonnen von Pagebuildern. Um der Lage gerecht zu werden, war die Lösung einen Pagebuilder zu verwenden, mit dem die Kunden gut klar kommen und der nicht 3 Megabyte Code zur jeder Seite hinzufügt. Man hat sich irgendwie arrangiert damit und es versucht dem Kunden auszureden. Aber für einige Kunden war dies die einzige Lösung, weil sie diese Flexibilität brauchten und forderten. Für die Pagebuilder-Hersteller ein super Geschäft, denn die Kunden haben sich selbst fast die Möglichkeit genommen auf ein anderes System zu wechseln, manchmal war/ist noch nicht einmal ein Themewechsel möglich, weil als Ergebnis die Inhalte komplett weg sind bzw. mindestens komplett zerschossen.

Logos von elementor Thrive beaverbuilder SiteOrigin VisualComposer Divi

Dann merkte man plötzlich: Hä? Wofür brauche ich denn diese Sidebar überhaupt? Ich teile doch eh meinen Content auf den sozialen Netzwerken, die Leute kommen von dort auf meine Seite zum Lesen des einen Artikels, eigentlich brauche ich noch nichtmal ein Menü! (siehe AMP). Und richtig, eigentlich lenkt die Sidebar nur von dem wichtigen Content ab, auf dem Handy wird sie eh nicht dargestellt. Kommentiert dazu wird bei Facebook. Und nein, ich persönlich glaube nicht, das Blogs sterben werden (anderes Thema 🙂

Den endgültigen Todesstoß bekommt die Sidebar jetzt durch den Gutenberg-Editor. Alle Widgets können mittlerweile als Blocks eingefügt werden und alle Plugins wechseln jetzt auch zu Blöcken statt Widgets für die Sidebars.

Wir werden uns in Zukunft mit Sektionen, Spalten und deren aufbrechen auf mobilen Geräten beschäftigen. Es war schön mit der Sidebar, aber sie ist nicht mehr zeitgemäß.